Die Hefe
In der Brauszene existiert die Aussage: Der Brauer macht die Würze, die Hefe das Bier.
Dadurch wird deutlich, dass die Bierhefe einen maßgeblichen Anteil an den späteren Geschmacksaromen im Bier beiträgt und es sehr wichtig ist, sich genauer Gedanken darüber zu machen, welche spezielle Bierhefe man einsetzen will.
Information zur Wahl der Hefe: Im Prinzip wird im Sudhaus während der Maischearbeit festgelegt, ob das spätere Bier eher trocken oder eher vollmundig wird. Die eingesetzte Hefe spielt da aber auch noch ein gewichtiges Wörtchen mit, denn wenn es eine hoch vergärende Hefe ist, wird das spätere Bier eher trockener (und alkoholreicher, da mehr Zucker vergoren wird). Vergärt die Hefe eher niedrig, bleibt mehr Restzucker übrig, was das spätere Biere süßlich-vollmundiger werden lässt. Das heißt, wenn man spezielle Vorstellungen vom gewünschten Bier hat, muss man sich genau überlegen, wie das Maischeprogramm (mit den Schüttungskomponenten) auszulegen ist und welche Art von Hefe man verwenden will.
Wenn z.B. der Wunsch nach einem hoch vergorenen, aber nicht zu alkoholhaltigem Bier da ist, das Bier aber trotzdem nicht wässrig und flach schmecken soll, dann wähle ich eine niedrigere Stammwürze, z.B. 11 °P bis 11,5 °P, fahre einerseits die Maltoserast nicht zu kurz (ca. 30 Min.) und die Verzuckerungsrast nicht über 30 Min. (um den Vergärgrad nicht zu hoch schnellen zu lassen). Im Zusammenspiel mit einer Hefe, die etwas höher vergärt, komme ich dem Wunschziel dann recht nahe. Es gibt also genügend Stellschrauben, um mein Bier so auszugestalten, wie ich es mir wünsche.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen obergärigen und untergärigen Hefen. Hefen sind einzellige Sprosspilze, die in der Anfangsphase der Vermehrung Sauerstoff benötigen und dann von Assimilation (Atmung) auf Gärung umstellen. Daher ist eine gute Belüftung der Würze nach dem Anstellen wichtig, um kräftige Hefezellen mit einer starken Zellwand auszubilden. Das beugt auch der möglichen Hefeautolyse (Selbstverdauung der Hefe bei Nährstoffarmut) vor, die das spätere Bier ungenießbar werden lässt.
Obergärige Hefen vergären bei höheren Temperaturen von ca. 15 - 24 °C. Dadurch, dass sie Sprossverbände bilden, sammelt sich das bei der Gärung entstehende Kohlendioxid darunter und sorgt dafür, dass die Hefe einen vertärkten Auftrieb erfährt und weitestgehend nach oben steigt. Erst zum Ende der Hauptgärung setzen sich die abgestorbenen bzw. inaktiven Hefezellen am Boden ab.
Typische Vertreter obergäriger Biere sind: Weizenbier (Weißbier), Altbier, Kölsch, Belgische Biere, Englische Ales oder Stouts.
Untergärige Hefen vergären bei niedrigen Temperaturen von ca. 8 - 12 °C, daher verläuft die Gärung langsamer, als bei den obergärigen Hefen. Hier setzen sich die Hefezellen schon direkt zu Gärbeginn überwiegend am Boden ab und bilden dort ein Sediment.
Typische Vertreter untergäriger Biere sind: Pils, Exportbier, Märzenbier oder Bockbier.
Hier nochmal ein Bild, das den Unterschied zwischen obergärig und untergärig während der Hauptgärphase verdeutlicht. Nach Beendigung der Hauptgärung bildet auch die Obergärige Hefe ein Sediment am Boden:
obergärig
untergärig
Hier zusätzliche Einzel- und Besonderheiten von mir bereits getesteter Hefen
Danstar Nottingham (Danstar, Lallemand) ►
Gäreigenschaften: Sehr sauber vergärende Hefe, die an UG Biere erinnernde neutrale Aromen produziert, gepaart mit malzigen Geschmackskomponenten. Kaum Diacetyl ►. Zügiges Angären < 6 Stunden.
Windsor (Danstar, Lallemand) ►
Die Hefe produziert angenehme Esteraromen (nicht fruchtig). Durch den tendenziell recht niedrigen Vergärgrad werden deutlich malzige Biere erzeugt. Vor allem die Geruchsaromen erinnern stark an die Safbrew S-33 von Fermentis. Kaum Diacetyl ► Sehr schnelles Angären
< 4 Stunden, nix für Grünschlaucher, da zu schnell!.
Safale S-04 (Fermentis) ►
Diese Hefe produziert estrige, z.T. leicht fruchtige Biere mit einem dezenten Säureanklang, begleitet von malzigen Aromen. Wenig Diacetyl ►. Zügige Angärzeit < 6 Stunden.
Safale BE-256 (Fermentis) ►
Diese aktive Trockenhefe besitzt eine schnelle Vergärung und eignet sich für verschiedenste Abbey Biere, welche sich besonders durch hohe, gut eingebundene Alkoholgehalte und ein ausbalanciertes und elegantes, typisch belgisches Aromaprofil auszeichnen. Zügige Angärzeit
< 6 Stunden.
Besonderheit:
Diese Hefe erzeugt einen leichten Schwefelwasserstoffgeruch (faule Eier), der sich aber im Laufe der Lagerung wieder abbaut.
Safale US-05 (früher US-56) (Fermentis) ►
Recht neutral vergärende Hefe mit dezenten angenehmen Esteraromen (nicht fruchtig). Nicht ganz so neutral wie die Nottingham. Die Hopfenbittere wird leicht betont. Wenig Diacetyl ►. Gutes Angärverhalten < 8 Stunden.
Safbrew T-58 (Fermentis) ►
Die Hefe erzeugt fruchtig-estrige, würzige und leicht pfeffrige Aromen mit leichten Anklängen an Nelke, die insgesamt an Weizenbiere dezenter Ausprägung erinnern. Deutliches Diacetyl ► nach der Hauptgärung. Schnelle Angärung < 8 Stunden.
Safbrew S-33 (Fermentis) ►
Durch diese Hefe werden angenehm estrige Aromen produziert, begleitet von einer ausgeprägten Malzigkeit, was am sehr niedrigen Vergärgrad liegen dürfte. Wenig Diacetyl ► nach der Hauptgärung. Schnelles Angärverhalten < 4 Stunden und Turbogärung, die die Würze innerhalb von 24 h hauptvergärt! Nix für Grünschlaucher, da zu schnell.
Besonderheit:
Während der Hauptgärung kann vernehmlicher Schwefelwasserstoffgeruch entstehen (faule Eier), der sich aber im Laufe der Lagerung wieder abbaut.
Saflager W34/70 (Fermentis) ►
Recht sauber vergärende Hefe, die eine ausgewogene Malzigkeit hervorbringt im Zusammenspiel mit sehr angenehmen neutralen (minimal estrigen) und vollmundigen Aromen. Ausgeprägte Diacetyl ►produktion! Es empfiehlt sich, eine Diacetylrast ► bei 14 - 20°C für 1 Tag einzulegen. Zügige Angärung < 6 Stunden und Hauptgärzeit von 16 Tagen bei 9°C. Zur Einschätzung: die vergleichbare Flüssighefe von Wyeast (2124) benötigte dafür unter gleichen Bedingungen satte 21 Tage!
Besonderheit:
Es entsteht vernehmlicher Schwefelwasserstoffgeruch, der sich aber im Laufe der Lagerung vollständig wieder abbaut.
M42 New World Strong Ale (Mangrove Jack's) ►
Eine obergärige Hefesorte für Amerikanische Ales und Pale Ales bzw. Double IPAs. Die Hefe vergärt ziemlich neutral und hebt sowohl den Malzcharakter als auch die Hopfennoten hervor. Sie ist seit einiger Zeit meine Standardhefe, wenn ich die Hopfenaromen bestimmter aromalastiger Spezialhopfen betonen will (Cascade, Vic. Secret etc.), gleichzeitig aber auch eine gewisse Malzigkeit in meinen Bieren haben möchte. Zügige Angärzeit < 6 Stunden.
M44 U.S. West Coast (Mangrove Jack's) ►
Eine obergärige Hefesorte für Amerikanische Ales. Diese Hefe produziert einen außergewöhnlich sauberen Geschmack und kann verwendet werden, wenn man den Hopfencharakter betonen will.In meinen Augen vergärt diese Hefe bei 19-20°C noch neutraler als die Danstar Nottingham. Entgegen den Angaben auf der Mangrove Jack's Webseite bitte nicht einfach auf die Würze streuen, das kann zu Angärverzögerungen führen. Besser einen kleinen Starter erzeugen. Zügige Angärzeit < 6 Stunden.
Brewferm TOP (Brewferm) ►
Relativ sauber vergärende Hefe, die schöne und ausgewogene Aromen erzeugt. Die Hopfenbittere wird leicht betont. So gut wie kein Diacetyl. Gegen Ende der Hauptgärung kann Schwefelwasserstoffgeruch auftreten, der aber nach sehr kurzer Zeit schon abgebaut ist (2 Wochen). Die Hefe besitzt einen niedrigen Vergärgrad, was süffige Biere mit weniger Alkohol produziert. Schnelles Angärverhalten < 3 Stunden bei ca. 21°C.
Zur besseren Übersicht habe ich im Folgenden zusätzlich nochmal eine Tabelle mit den wichtigsten Eigenschaften der von mir am häufigsten eingesetzten Hefen eingestellt:
Die ausgeprägteste Aromenvielfalt erzeugen die obergärigen Hefen, während die untergärigen Hefen vorzugsweise rel. neutrale Biere im Pilsstil hervorbringen.
Trockenhefenhersteller
Von Fermentis gibt es ein sehr informative Tipps und Tricks ► in Form von zwei (englischsprachigen) Broschüren zum Thema Trockenhefen, sehr empfehlenswert!